Hans F.
Geyer
* Wädenswil 24.5.1915, † in den Schweizer Bergen 29.8.1987
schweiz. Unternehmer und Philosoph.
Geyer (bürgerlicher Name: Hans Franz Rütter) wuchs mit drei Geschwistern
als Sohn des Inhabers einer Textilfabrik in Wädenswil auf. Nach dem Wunsch
seines Vaters absolvierte er das kantonale Handelsgymnasium in Lausanne mit der
Handelsmatura.
Nach einigen Jahren praktischer Arbeit im elterlichen Geschäft drängte es
ihn, seine Kenntnisse in Philosophie und Literatur zu erweitern. Er studierte
an der Universität Zürich und promovierte 1945 mit einer Dissertation über
Fichte, Schelling und Hegel ("Ein klassisches Gespräch") in
Philosophie bei Eberhard Grisebach mit den Nebenfächern Romanistik und
Germanistik.
Seiner Neigung zu praktischer Tätigkeit folgend, schlug er eine ihm
angebotene akademische Laufbahn aus und arbeitete bald wieder im Unternehmen
seines Vaters in leitender Stellung. Längere Zeit amtete er auch als Präsident
des Industrie-Arbeitgeber-Vereins Wädenswil/ Richterswil.
Anfang der 60er Jahre zwang ihn eine schwere Krankheit, sein Arbeitspensum
zu reduzieren. Seit 1964 widmete er sich ausschliesslich seinem philosophischen
Werk. Als begeisterter Sportler zog es ihn seit seiner Jugend immer wieder in
die Berge, wo er 1987 abstürzte.
Geyer verstand sich zeitlebens als "Arbeiterphilosoph"; er sah
die Ausübung seines Berufs als Teil seiner "Lebensphilosophie":
"Die Philosophie erfüllt die Arbeit mit Sinn, die Arbeit die
Philosophie."
1962 erschienen seine "Gedanken eines philosophischen Lastträgers"
(Zürich, Origo Verlag), 1969-74 die sechs Bände seines "Philosophischen
Tagebuches" (Freiburg i. Br.: Verlag Rombach), worin das
"Gedankenexperiment meines Lebens seinen Niederschlag gefunden hat".
Seither publizierte er zahlreiche Essays und hielt Vorträge; Unter anderem
wurde er an die Sommerschule der "Praxis"-Philosophen in Korcula und
zu Gastvorlesungen an die Universität Tübingen eingeladen und in den Vorstand
des "Engadiner Kolloquiums" gewählt.
1985 veröffentlichte der Insel-Verlag (Frankfurt) den ersten Band,
„Physiologie der Kultur", einer auf drei Bände geplanten Naturphilosophie
(II: "Kritik der neurophysiologischen Vernunft"; III: "Sturz der
klassischen Vernunft").
Alle Werke von Geyer kreisen um eine dialektisch-ganzheitliche Anthropologie
an der Nahtstelle von Geist und Leben.
Literatur
Müller, Roland: Rezensionen der Philosophischen Tagebücher von H. F. G.,
in: Basler Nachrichten II: 30.9.1970, III: 9.6. 1971, in: Landbote IV:
6:1.1973, VI: 9.8.1975, in: Tages-Anzeiger V: 21.2.1974
Beringer, Johannes: Zu H. F. Gs "Physiologie der Kultur", in:
Einspruch Nr. 2, April 1987, 14-16
Beringer, Johannes: Arbeit an der Physiologie der Kultur. Zum Tod des
Schweizer Philosophen H. F. G., in: Tages-Anzeiger, 16.9.1987, 13
Müller, Roland: "Physiologie der Kultur". Zum Tod von Hans
Rütter, in: Neue Zürcher Zeitung, 10.9.1987, 27
Schmidlin, Guido: "Gelebte gegen gelehrte Philosophie". Zum Tod
des Philosophen Hans Rütter (H. F. G.), in: Zürichsee-Zeitung, 19.9.1987.
((Beitrag für: Schweizer Lexikon, 1993))