Innenwelt - Aussenwelt: Umwelt
Von Hans F. Geyer
Basler Nachrichten,
Sonntag, 7. März 1971
Auf einen der wenigen
Schweizer Philosophen unserer Zeit ist man erst durch die Publikation seiner
„Philosophischen Tagebücher“ aufmerksam geworden. Der erste Band erschien 1969,
der zweite wurde von uns auf der „Seite der Literatur“ unter dem Titel „Am
Wurzelgrund der Sachen schürfend“ besprochen.
Hans F. Geyer, der 1915
geborene Zürcher, der bei Eberhard Griesebach über den Deutschen Idealismus
doktoriert hat, arbeitete anschliessend über zwanzig Jahre in einem
Industrieunternehmen, kann sich also zufolge seiner gelebten Philosophie mit
Recht „Arbeiterphilosoph“ in einem hohen Sinne nennen. Nicht zufällig erschien
seine erste Veröffentlichung 1962 als „Gedanken eines philosophischen
Lastträgers“.
Für den nachfolgenden
Essay stützt er sich auf den vierten Band seines Tagebuchs,
„Existenzphilosophie des Leibes“, der 1972 erscheinen sollt. Die ganze Substanz
dieses bereits beendeten Werks - wo der menschliche Leib als Dreieinheit von
Körper, Seele und Geist. sowohl ein Innen wie ein Aussen ist - steht dahinter.
Das Gespenst
Es geht ein Gespenst
durch die Welt. Es ist die Furcht des Menschen vor seiner eigenen
wissenschaftlichen, technischen und wissenschaftlich-technischen Aktivität, die
seine Umwelt stört, ja zu zerstören droht.
Für diese Furcht gibt es gute Gründe. Warum
sprechen wir trotzdem von einem Gespenst? Weil die Störung und Zerstörung der
Umwelt nicht allein und für sich steht, weil sie nicht pure Faktizität ist,
weil sie als Faktum in einem „Hof“ der Bedeutung, des Sinns erscheint, weil sie
über die Aussenwelt als Umwelt auf die Innenwelt des Menschen hinweist.
Wäre das Gespenst, das
durch die Welt geht, das eigene Gespenst des Menschen, das er als solches nur
nicht erkennt? In der Tat: Die Aussenwelt hängt von der Innenwelt ab und
umgekehrt, sie beide aber „entlassen“ aus sich die Umwelt. Die Umwelt ist
gestaltete Aussenwelt. Sie könnte ein Garten sein - Garten, auf persisch:
Paradies. Die Umwelt des Menschen als ein Paradies? Wir sind davon weiter
entfernt denn je. 'Der biblische Verlust des Paradieses wurde den ersten
Menschen als Schuld angerechnet.
Dialektik von Innenwelt, Aussenwelt
und Umwelt
Der Mensch und seine
„natürliche Künstlichkeit“ (Helmuth Plessner) beginnt mit der Schaffung des
Werkzeugs. Es ,bedeutet dies, dass der Mensch im Verhältnis der Reflexion
steht, sowohl zu seiner eigenen wie zur Natur der Welt. Für ihn ist die
Selbständigkeit des Instinkts weitgehend aufgehoben, er muss „leisten“, was dem
Tier geschenkt wird. Eine Leistung sind seine Kleider, seine Behausung, seine
Umwelt, die er schon sehr früh wohnlich zu, gestalten versuchte.
Hinter der Freiheit vom
Instinkt, hinter der Verfügungsgewalt des Menschen über die eigene Natur und
die Natur ausser ihm lauert die Gefahr. des Irrtums, ja der Sünde, des Bösen.
Der Mensch kann sich irren, weil sich zwischen ihn und die Natur die Reflexion,
zwischen sein Ich und seine eigene Natur die Selbstreflexion geschoben hat. Der
Mensch weiss, und er weiss, dass er weiss.
In diesem Wissen muss die
Aussenwelt zuerst als ein Mittel figurieren, die. Aussenwelt, als genutzte und
benutzte Aussenwelt, die Aussenwelt also als Umwelt. Die Frage stellt sich
lange nicht, wieweit der Mensch die Aussenwelt als Mittel benutzen darf, denn
lange, lange war der Mensch nicht mächtig genug, um der Natur etwas anzutun.
Die Natur war immens, sie nahm kein Ende, sie schien kein Ende zu nehmen.
Aber der ungeheure Mensch
wuchs über die Natur hinaus. Damit wurde das Problem akut. Die Natur als
„Werkzeug“ des Menschen? Die Natur nicht mehr Aussenwelt, sondern durchaus nur
noch Umwelt in menschlicher Funktion? Die Natur ist nun nicht mehr unendlich in
der wissenschaftlich-technischen Sicht des heutigen Menschen, sie ist überschaubar
geworden, ihr Ende absehbar, ja gewissermassen „herstellbar“. Um so wichtiger
wird das, was wir als die “Dialektik“ von Innenwelt, Aussenwelt und Umwelt
bezeichnen, eine Dialektik, die erst zur richtigen Einschränkung, Begrenzung,
zur richtigen Definition der Umwelt führen kann, eine Dialektik, die ein
kosmischer Geist inspirieren sollte.
In der Auseinandersetzung
zwischen Innenwelt und Aussenwelt ist eine Grenze wichtig, die wir in der
äussern Natur, aber auch in der innern Natur des Menschen feststellen können;
wir wollen sie die Grenze der Übernutzung nennen. Jenseits dieser Grenze wird
in der modernen Arbeitswelt sowohl der eigene Leib des Menschen wie auch der
„Leib der Welt“, also die Aussenwelt, zum blossen Mittel, zum blossen Werkzeug,
aus dem alles herausgeholt wird, was es überhaupt hergeben kann.
Der Homo faber denkt
nicht kosmisch; er denkt vulkanisch, in der grossen Schmiede seines weltweiten
Unternehmens gibt es nichts, was nicht aktuell oder potentiell nützlich wäre,
genutzt werdet könnte. Dadurch wird die Aussenwelt zur potentiellen Innenwelt
des Menschen, die er ohne Scheu gebraucht und verbraucht, so wie er es mit
seiner „innern Aussenwelt“, der Aussenwelt des eigenen Leibes (des
„unmittelbaren Objekts“ Schoppenhauers) auch tut.
Die Grenze der
Übernutzung wird damit überschritten, sowohl im Innen wie im Aussen. Die
Innenwelt stösst sich ab in die Aussenwelt - die Innenwelt wird zur Aussenwelt
-, die Aussenwelt stösst sich ab in die Innenwelt -, die somit zur Innenwelt
gewordene Aussenwelt des menschlichen Leibes wird zum Objekt technischer
Leistung genauso wie die Aussenwelt. Und warum sollte den Mensch der Natur
gnädiger sein als sich selbst? Er wütet mit der gleichen Unbarmherzigkeit gegen
sich selbst wie gegen die Natur. Und so wird die Aussenwelt, begriffen als
„technische Innenwelt“, zur Umwelt in einem absoluten Sinne: es gibt
nichts, was mit ihr nicht geschehen könnte und dürfte.
Der tiefere Grund dafür
ist in der Entgötterung des Universums zu suchen, in dessen gesetzter
Wesenlosigkeit. Wenn der Mensch sich selbst kein Wesen mit eigenen Gesetzen
mehr ist, so auch die Natur nicht mehr. Der Mensch trägt den Gott der Natur
zuerst im eigenen Leib; nur durch seinen eigenen Leib findet er den Zugang zum
kosmischen Leib, zum Leib der Natur, nur durch die Wesensgesetze des eigenen
Leibes, den Zugang zu den Wesensgesetzen der Natur.
Aus der Natur ist der
Mensch erstanden. Die Naturkräfte, die er nutzt, sind unendlich viel mehr als,
ihre bloss technische Rendite, da sie doch in einer Art „Telefinalität“
(Lecomte du Nouy) ihrer Wirkung den Menschen hervorgebracht haben.
Durch Kunst zurück zur Natur
Man wird von der Natur
des Menschen nicht verlangen können, dass sie die Natur respektiert, nur von
seiner Kunst. Aber die Natur des Menschen ist untrennbar von seiner Kunst, des
Menschen Natur ist Naturkunst, des Menschen Kunst Kunstnatur. So muss also, um
die Umwelt zu schützen, Kunst gegen Kunst gesetzt werden, die Technik der
Befreiung der Aussenwelt gegen die Technik ihrer Beherrschung, Formung und
Verformung.
Durch die kunstvolle
Beherrschung seiner technischen Kunst, durch die Beherrschung der Herrschaft
über seinen eigenen Leib und die Aussenwelt kann der Mensch zu seiner eigenen
Natur und zur Natur seiner Umwelt zurückfinden. Der Weg „zurück zur Natur“ geht
nicht über die Natur, sondern über die Kunst, wie schon Rousseau feststellen
musste. So findet sich der Mensch über die Kunst wieder zur Natur zurück, zu
einer zweiten, zu einer erhobenen Natur, zu einer durch wohltätige Kunst in
wohltätige Natur verwandelten Umwelt, was eben der tiefere Sinn des „Gartens“
ist.
Zu diesem Ende aber muss
die Natur im Innen wie im Aussen, im Leibe des Menschen wie in der Aussenwelt
verstärkt, sie muss scharf der Kunst entgegengesetzt werden, sie muss der
gesteigerten Technik mit ihrem elementaren Wesen entgegentreten. Durch die
Kunst muss die Natur die Kunst in ihren Schranken halten. Etwas von dieser
Erkenntnis. kommt in der Haltung, in der Kleidung der langhaarigen jungen Leute
zum Ausdruck - Haare sind seelische Protuberanzen, Flammenzeichen der Psyche -,
sie geben sich lässig mit Kunst, sie sind gut „schlecht“ angezogen, sie sind
moderne Hinterwäldler mitten in der Stadt.
Mensch und Natur in der Retorte
Die zur Umwelt führende
Dialektik von Innenwelt und Aussenwelt, der Natur von Innenwelt und Aussenwelt
ist also auch eine Dialektik von Kunst und Natur. Moderne Technik ist
allerdings eine besondere Art von Kunst, sie bedient sich nicht der Intuition,
sondern der Abstraktion, sie geht nicht vom Menschen aus, sondern von der
Naturwissenschaft; und diese Naturwissenschaft, die zur Magd der Technik wird,
ist mehr eine Wissenschaft von der „Natur hinter der Natur“, einer Art von
Hinterwelt der unsern Sinnen erscheinenden Natur; diese ist nicht eine
unmittelbare, sondern eine mittelbare, nicht eire ästhetische, sondern eine
„ästhesiologische“ Natur (Edmund Husserl), also eine Natur, die nur indirekt
erfasst werden kann und nach Sinnesdaten auf Messinstrumenten abgelesen wird.
Sie ist ganz und gar
analytische, „zersetzte“ Natur, nicht die heile, ganze Natur, die wir sehen,
schmecken und betasten. Wenn sie in Gestalt von Lärm, Gerüchen, chemischen
Agentien, Licht und Steinwüste der Grossstadt zur Uriwelt wird, so besteht die
Gefahr, dass diese zersetzte Natur ihrerseits die Natur des Menschen zersetzt,
dass sie mit ihrer Messerschärfe in die Tiefe seines Gemüts eindringt.
Es erweist sich auch
hier, dass das, was den Menschen gebildet, ihn auch wieder zerstören kann:
nämlich ihn, den Naturentsprungenen, kann die zerstörte Natur zerstören. Die
Auflösung der Natur in der Retorte der technischen Naturwissenschaft führt zur
Auflösung des Menschen. Nicht glüht er als Homunkulus in der Retorte, er verglüht
in ihr zusammen minder Umwelt, deren Schicksal er teilt.
Es ist kein Zufall, dass
die höhere philosophische Medizin und medizinische Philosophie eines Alexis
Carrel in der vielleicht unnatürlichsten aller Städte der Welt, in New York,
geboren, wurde. Carrel weist in ` seinem Buch „L'Homme, cet inconnu“ (1935) auf
die ständig steigende Zahl der Geisteskranken in den Vereinigten Staaten hin.
Die Geisteskrankheiten
sind eigentlich Seelen- oder Leib-Seele-Krankheiten. Es gibt eine
Geistesgeschichte des Leibes, die noch nicht geschrieben ist, worin natürliche,
künstliche, naturwissenschaftliche, medizinische und psychische Gesetze eine
Rolle spielen. Diese Geschichte ist auch eine Geschichte der menschlichen
Krankheiten.
Die menschlichen
Krankheiten haben ihre Epochen, das Mittelalter war das Zeitalter der
Epidemien, die Renaissance und das 18. Jahrhundert litten unter der Syphilis,
unsere Zeit ist den nervösen und den Geisteskrankheiten verfallen, den
Geisteskrankheiten, deren Diagnostik, etwa in Sowjetrussland, bereits eine
politische Bedeutung erhalten hat, ja zu einer politischen Waffe geworden ist.
Die äusserste Verzweckung
der Natur, die Verwandlung der Umwelt in die technische Aussenwelt des Menschen
kann Geisteskrankheiten hervorrufen, weil die aufgelöste Natur der Umwelt in
die Natur des Menschen eindringt und vom Körper her aufsteigend Seele und Geist
angreift. Ist der Leib der Welt erkrankt, erkrankt auch der Leib des Menschen.
Der Leib des Menschen kann nur zusammen mit dem Leib der Welt wieder gesunden.
Das „Geheimnis den meisten“
Die Natur, die Natur der
Umwelt ist ein Geheimnis der Form, ein „Geheimnis den meisten“, wie Goethe
sagt. Es ist nicht nur ein Geheimnis der Naturform, sondern auch der Kunstform.
Ein Grashalm ist eine Form. Der Newton des Grashalms war zur Zeit Kants noch
nicht gefunden, er wird wohl nie gefunden werden.
Wenn wir die Natur
unserer Umwelt zerstören, so zerstören wir eine Form, deren Geheimnis sich uns
nur intuitiv erschliesst, und wir zerstören eine Form, die auch unsere Form
ist, denn der Leib des Menschen kann nicht vorgestellt werden ohne den Leib der
Welt. Aber Gras wächst wieder, die Wüste wird wieder grün. Sind wir so sicher,
dass, die Wüsten, die unsere Zivilisation hinterlassen hat, wieder grünen
werden? Ist der Prozess nicht irreversibel?
Er wäre reversibel, wenn
die Form, welche in der Gemeinschaft von Mensch und Umwelt sowohl Naturform wie
Kunstform, sowohl Naturform des Menschen wie Menschenform der Natur ist,
herstellbar wäre. Aber sie ist nicht herstellbar, denn- ihr innerstes Geheimnis
entzieht sich uns, schon deshalb, weil auch die Naturwissenschaft nur mit den
Formen der Natur spielt, sie gleichsam in den Laboratorien heraufbeschwört,
aber nicht in ihr Geheimnis eindringt, denn wir kennen nicht und werden niemals
kennen die causa der causa, die causa sui. Und in diesem Sinne ist auch der
Newton des Gravitationsgesetzes noch nicht gefunden. Man wird ihn nie finden.
Der Garten
Der Mensch tut seiner
Umwelt etwas an. Aber dabei bleibt es nicht. Die Umwelt tut auch dem Menschen
etwas an, sie „schlägt zurück“. So wie der Mensch die Umwelt formt, so formt
die Umwelt den Menschen. Und in beiden Fällen entzieht sich dieses
Geheimnis der Formung und Umformung dem Menschen.
Was kann der Mensch tun?
Er kann versuchen, seiner Umwelt eine menschliche Form zu geben, indem er das
Geheimnis der Umwelt respektiert, ebenso wie das Geheimnis seiner eigenen
Leibesform. Die Form des menschlichen Leibes wie die Form der Umwelt sollten
eine einzige Form bilden, eine Art Übernatur der Natur, eine einzige Form und
ein einziges Geheimnis.
Hier wieder die Idee des
Gartens. Der Garten ist die menschliche Form der Umwelt, indem sich die Natur
der Aussenwelt mit der Natur der Innenwelt zu dem einen „Geheimnis der Form“
verbindet. Der Mensch der Zukunft als „Gärtner seiner Welt“? Als solcher dürfte
er utilitär - wenn auch nicht utilitaristisch -, dürfte er materiell, wenn auch
nicht materialistisch denken, aber immer eingedenk des Geheimnisses der Form,
das ein Geheimnis ist der Natur und des Menschen.
Supranaturalismus
Ohne sehr handfeste
materielle und utilitäre, also materialistische und utilitaristische Interessen
wäre es nicht zur weltweiten Forderung des Umweltschutzes gekommen. Die blosse
Naturfreundlichkeit hätte nicht genügt. Aber aus eben diesen Interessen wurde
die Umwelt verschandelt; geschändet und zerstört.
Nachdem wir oben von der
allgemeinen, zwischen Innenwelt, Äussenwelt und Umwelt spielenden Dialektik
gehandelt haben, stellt sich uns jetzt das Problem der historischen
Antezedentien, der historischen „Bedingungen der Möglichkeit“ der
Naturverwüstung. Um eine Übersicht zu gewinnen, müssen wir bis in das
Mittelalter zurückgehen, genauer: zu dem in die Neuzeit hineinwirkenden
Mittelalter. Was der Mensch der Umwelt antut, tut er seinem eigenen Leibe an.
Der Supranaturalismus des Mittelalters war der Naturfreundlichkeit nicht
günstig, zuerst und zunächst nicht der eigenen Natur des Menschen, seiner
innern Natur, seinem Leibe. Der Leib galt der ihn überfliegenden Seele als
Mittel zur Seligkeit. Er wurde als solches geachtet, als autonomer aber
verachtet. Die Askese konnte zu Verwüstungen des Leibes führen. Es war eine
Gewalttätigkeit, die als heilig empfunden wurde (man erinnert sich etwa der
Geisslerumzüge).
Der Supranaturalismus des Mittelalters in
seiner ursprünglichen Form verschwand in der Neuzeit. ,Luther kämpfte gegen die
„Werkheiligkeit“ sowohl der klösterlichen Askese wie der klösterlichen
Kontemplation. Was geschah nun? Der Supranaturalismus würde säkularisiert,
seine eigentliche „Weltlosigkeit“ übertrug sich auf die Welt. Der „Leib der
Welt“ tritt an die Stelle des an sich verachteten, nur als Mittel geachteten
menschlichen. Leibes. Die gestörte Symbiose des Menschen mit seinem Leibe wurde
zur gestörten Symbiose des Menschen mit seiner Welt. Die Aussenwelt als Umwelt
wurde zum Mittel des Menschen, zum Objekt seiner Leistungsaskese.
So begann die Ausbeutung
der Natur, zu der das Mittelalter weder die materielle Macht noch die
metaphysische Richtung besass. Was in der Aussenwelt möglich ist, muss zuerst
in der Innenwelt vorbereitet sein. So wird die Innenwelt des Menschen zum
Schicksal seiner Aussenwelt, zum Schicksal der Umwelt.
Prinzipielle Umkehr
Was nottut, ist eine
prinzipielle Umkehr. Der Umweltschutz aus rein materiell-utilitären Gründen
genügt deshalb nicht, weil ein solcher Schutz immer zu spät kommt; Er hinkt
hintendrein - hinter der Katastrophe.
Der Weg geht von der
Innenwelt über, die Aussenwelt zur Umwelt. Die Aussenwelt hat ihre eigene
Dignität, ob sie nun schon geformt oder genutzt, also zur Umwelt geworden ist,
oder auch nicht. Der „Leib der Welt“ hat seine eigene Dignität so wie der Leib
des Menschen. Wir dürfen in Zukunft nicht mehr supranaturalistisch fühlen und
denken (das Gefühl kommt immer vor dem Gedanken und bestimmt ihn), sowohl was
unseren eigenen Körper wie was den „Leib der Welt“ anbelangt.
Der säkularisierte
Supranaturalismus hat eine eigentümliche Eigenschaft: die Haut des menschlichen
Leibes wird ihm zur schicksalhaften Grenze. Was jenseits dieser „tiefen
Oberfläche“ (Nietzsche) liegt, ist ihm das ganz andere, das uns nichts mehr
angeht, das also nach Belieben ausgebeutet werden kann. Aber so verhält es sich
eben nicht. Der Leib der Welt, die Aussenwelt und die Umwelt sind nochmals
unser Leib, so wie unser Leib nochmals unsere Seele, unser Geist ist. Die
Ausbeutung der Welt führt zur Ausbeutung des Menschen, die Ausbeutung des
Menschen zur Ausbeutung der Welt.
Der Mensch muss bei sich
selbst beginnen, er muss, beginnen, schon in seiner Innenwelt kosmisch zu
denken. Dann wird ihm, ausgehend von seiner Innenwelt, die Aussenwelt zur
möglichen und wirklichen Umwelt, zur heilsamen „zweiten Natur“ der Natur seines
Leibes, wenn auch sicherlich noch nicht zum Paradiese.